Nebenbahn Sprendlingen-Wöllstein-Fürfeld
Die Bahnstrecke Sprendlingen–Fürfeld der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) – im Volksmund Bawettche genannt – wurde zwischen Mai 1887 und Oktober 1898 erbaut. Die Strecke verfügte über eine Normalspurbreite von 1432 mm. Der erste Bauabschnitt von Sprendlingen über Badenheim nach Wöllstein konnte am 11. Oktober 1888 eröffnet werden.
Die Fortführung der Linie verzögerte sich aufgrund des schwierigen Geländes. Zunächst plante man sogar, einen Tunnel durch die Hexenkanzel zu treiben. Nach gründlichem Abwägen des Für und Wider entschloss man sich aber, „kurvenreich“ das Gelände zu meistern.
Fünf Eisenbahnbrücken mit Überbauten aus Eisen mit Stützweiten bis zu 20 Metern sowie zwei Brücken aus Stein und Beton galt es zu errichten.
Tausend Kubikmeter Erde waren „Am Schwarzen Kreuz“ bei Fürfeld zu bewegen, um der Bahn endgültig den Weg zu ebnen. Leider wurde damit eines der ältesten Kunstdenkmäler Rheinhessens, das „Schwarze Kreuz“ zerstört.
Am 5. Oktober 1898 fuhren die Züge dann bis Fürfeld. Die Strecke diente zur Erschließung der Steinbrüche bei Frei-Laubersheim und Neu-Bamberg, dem Transport landwirtschaftlicher Erzeugnisse wie Rüben und Wein und der Produkte der Wöllsteiner Ziegelindustrie.
Der Bahnhof in Fürfeld bestach durch sein ansehnliches Bahnhofsgebäude mit einem Güterschuppen, einer Laderrampe und einer Wasserstation. Ein zweigleisiger Lokschuppen mit einer Reparaturwerkstatt ergänzten die bahntechnischen Anlagen.
Eine Weiterführung über Fürfeld hinaus und ein Anschluss an die Alsenzbahn war geplant, wurde aber nicht realisiert.
Der Schwerpunkt des Personenverkehrs lag werktags im Arbeiter- und Marktverkehr und Sonntags im Ausflugsverkehr.
Bis zu sechs Zugpaare verkehrten täglich in jeder Richtung. „Vor dem Krieg (1939) herrschte auf der Bahnstrecke Hochbetrieb“ erinnerte sich der ehemalige Wöllsteiner Bahnhofsvorsteher Philipp Kunkelmann. Der Blick auf die Statistik bestätigt dies.
Nachem 2. Weltkrieg fuhr das „Bawettchen“ sogar für kurze Zeit bis nach Armsheim, da in Sprendlingen noch kein Anschluss nach Alzey hergestellt war.
Die Strecke in der Rheinhessischen Schweiz wurde von zwei Tenderlokomotiven, vier Personenwagen, zwei Güterwagen sowie zwei Bahnmeisterwagen befahren. Die Süddeutsche Eisenbahngesellschaft (SEG) übergab die Strecke 1953 dem Land Rheinland-Pfalz, die Betriebsführung übernahm die Deutsche Bundesbahn, die ab 1959 auch Eigentümerin war. Sie stellte am 31. März desselben Jahres den Personenverkehr ein. Danach dienten die Schienen nur dem Güterverkehr.
Ende 1958 erfolgte die Stilllegung des Teilstücks Wöllstein – Fürfeld und der Abbau der Gleise. Wegen der Wöllsteiner Ziegelindustrie blieb die Strecke Sprendlingen – Wöllstein bis 31. Juli 1973 in Betrieb.
Mit Bau der Autobahn A61 kam die Stilllegung der Reststrecke, da ein Brückenbau zu teuer erschien.
Auf der Trasse zwischen Wöllstein und Frei-Laubersheim verläuft heute ein Rad- und Wanderweg.