Templerkapelle

Die Templerkapelle

Kapelle der ehemaligen Ibener Burg, einer Niederlassung des geistlichen Ritterordens der Tempelritter.
Erhalten ist der Chor der Burgkapelle. Er dürfte in den Jahren um 1240 erbaut worden sein.

Es ist naheliegend anzunehmen, dass Iben als Niederlassung des Ordens der Tempelritter nach der Mitte des 12. Jahrhunderts, vielleicht nach dem 2. Kreuzzug in den fünfziger Jahren gegründet worden ist.

Der für den Bau im 13. Jahrhundert verwendete Sandstein, stammt vom Mühlberg jenseits des Appelbachtals. Um 1870 wurden dort bei Rodungsarbeiten Steingruben entdeckt, in denen sich verworfene Werkstücke fanden.

Wie alle Komtureien dieses Ritterordens diente Iben gleichermaßen als Nachschubbasis für den Einsatz des Ordens im Heiligen Land, als Rekrutierungsbüro für den Ordensnachwuchs und als Geschäftsstelle für die Finanzgeschäfte des Ordens, die das ganze Abendland umfassten. Den Horizont dessen was hier geschah, hatten der Atlantik und die arabische Wüste, Schottland und Nordafrika gebildet.

Von Langhaus ist der der Chorbogen erhalten. Der kleine Chor entstand im 13. Jahrhunderts. Seine geringe Dimension erklärt sich aus der Tatsache, dass der Templerorden ein Laienorden war. Dass es nur wenige Kleriker gab, zeigt der nur auf zwei Personen hin angelegte Zelebrantensitz in der Südwand.
Weitere Spuren der Ordensorganisation und der Geschäftstätigkeit finden sich in der Nordwand der Kapelle:
die Sitznische für den Komtur mit einem verschließbaren Mauerschränkchen und zwei Mauerschränke, die als Tresore anzusehen sind.

Die heutige Kapelle ist der Chor eines größeren Baues, dessen Langhaus und Sakristei vermutlich 1689 zerstört wurden.
Das romanische Langhaus wurde in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts von dem damaligen Bügermeister Brunck als Steinbruch genutzt. Man darf deshalb vermuten, dass beim Bau der heute sog. „alten Schule“ (fertigestellt 1832) und des Rathauses (Fertigstellung 1840) das sakrale Steinmaterial aus Hof Iben Verwendung gefunden hat.

1875 kaufte der hessische Staat die Kapelle. Das Bauwerk war damals dem vollständigen Verfall nahe. Die Ausbesserungs- und Ergänzungsarbeiten, sowie die Herstellung eines neuen Daches wurden durch das Kreisamt Bingen sofort vorgenommen.

Heute ist, außer der Kapelle, nur noch ein aus dem 15. Jahrhundert stammender Mauerzug der mehrflügeligen Wasserburg als Südseite der Wirtschaftsgebäude erhalten. Die Lage des Burggrabens ist im Gelände an einigen Stellen noch sichtbar.

Die Kapelle steht auf Privatbesitz. Sie untersteht aber seit 1949 der staatlichen Schlösserverwaltung (heute Generaldirektion kulturelles Erbe – Direktion Burgen, Schlösser, Altertümer).

Der Chorbau schließt hinsichtlich Konzeption, bautechnischer Errungenschaften und künstlerischer Gestaltung unmittelbar an Bauvorhaben in Reims an. Iben hatte zur Ordensprovinz Francien gehört, der für die Errichtung von Steinbauten in den Komtureien zuständige Provinzialkomtur amtierte in der Isle de France, in Reims hatte sich eine bedeutende Temperkomturei befunden.
Der Ibener Bautrupp gehörte zusammen mit den Werkstattverbänden in Trier, Marburg, Mainz und Naumburg zu der großen Welle, mit der die Errungenschaften der Reimser Bauhütten ins Einzugsgebiet des Rheins und darüber hinaus strömten.

Die spezifische Qualität zeigt sich in der bildhauerischen Auffassung der Architektur mit der Betonung der nahezu frei vor der Wand stehenden Dienste, der reichen Profilierung der Fenstergewände, der Behandlung des Treppenturmes als plastisches Gebilde, der Gestaltung der Blattkapitelle.
Auf ihnen finden sich bestimmbare Pflanzen wie Weinrebe, Rose, Zaunrübe, Eiche, Beifuß neben anderen, die mehr ein allgemeines Prinzip wie das der Fünfteiligkeit der Blätter vertreten. sie alle sind Bedeutungsträger, wie es besonders bei der Darstellung des Lamm Gottes in einem Weinstock auf dem Schlussstein über dem Altar offensichtlich ist.

Gleichzeitig mit dem Kapellenchor war die Sakristei errichtet worden. Erhalten sind der Zugang vom Chor her, der Anschluss des Daches, Wandvorlagen, Konsolen für Gurtbogen, Gewölberippen sowie Gewölbeansätze.

Als der Ibener Chor errichtet wurde, war der Orden, was seine politische Bedeutung, seine wirtschaftliche Stärke, die Ausdehnung seines Einflussgebietes anbelangt, auf einem Höhepunkt seiner Entwicklung. Die Konzeption dieses Baues und das Hochanspruchsvolle seiner Ausführung spiegeln sie beispiellose Erfolgsgeschichte der Armen Ritter Christi, deren Kühnheit und Opferbereitschaft bereits legendär waren – aber auch deren Hochmut und Reichtum. Um die Architektur ganz zu verstehen, muss man sich in dem Raum einige Ordensritter in weißen Mänteln mit dem roten Tatzenkreuz vorstellen, dazu eine größere Anzahl dienender Brüder und Knappen in dunklen Mänteln.

Und doch mehrten sich bedenkliche Zeichen. Die Verhältnisse in den Kreuzfahrerstaaten waren verworren, und was den ursprünglichen Auftrag anbelangt, die Bekämpfung der Sarazenen, befand man sich längst in der Defensive. Dies gilt auch für die Ordenskonzeption, die Verbindung von Mönch- und Rittertum. Die Einwände gegenüber dieser problematischen Verbindung waren in der Zeit der militärischen Erfolge und angesichts der Überzeugungskraft des neuen Märtyrertums verstummt. Aber sie waren nach der Eroberung Jerusalems 1187 durch Saladin wieder zu hören. Zur selben Zeit, als in Iben die Kapelle entstand, spitzt sich die Situation des Ordens zu: Im Jahr 1238 ermahnt Gregor IX. die Templer, wieder ihres alten Amtes, der Bewachung der Pilgerstraßen vom Meer nach Jerusalem zu walten.

Aber das Aufgabenfeld hatte sich auch verlagert. Die den Ordensrittern entgegengebrachte Hochachtung beruhte nicht zuletzt auf ihrer Bedeutung für die Sicherheit auf den Wegen im Abendland. Und dies gilt zu jener Zeit in besonderem Maße für die Region ringsum, in der das Raubrittertum blühte. Nicht zuletzt durch die Kette seiner Komtureien an den wichtigsten Straßen war der Templerorden ein Garant für die Sicherheit des Geldtransfers und des Personenverkehrs geworden.