Geschichte
- Gründung
- Fürfeld im Hoch- und Spätmittelalter
- Das ritterschaftliche Fürfeld
- Die französische Revolution
Fürfeld heißt so viel wie furhin felt, „föhrenes, von Föhren bestandenes Feld“. Die Kiefern oder Föhren (Pinus) bilden eine Gattung von Nadelholzgewächsen (Pinophyta) in der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Das Wort Föhre ist in fast allen germanischen Sprachen vorhanden, z. B. engl. fir. Kiefer ist vermutlich durch Zusammenziehung von Kienföhre entstanden und ist erst ab dem 16. Jahrhundert belegt.
Fürfeld ist eine Rodungsgründung. Wenn man schon die Einrichtung der provisorischen Unterkünfte für das Rodungspersonal als Siedlungsbeginn ansetzt, wogegen nichts spricht, dann dürfen wir die Gründung Fürfelds mit guter Wahrscheinlichkeit in das Jahr 894 legen. Fürfeld nimmt damit unter den Gemeinden Rheinhessens, auch wenn diese in der Mehrzahl älter sind als Fürfeld, eine bemerkenswerte Ausnahmestellung ein. Folgt man den Angaben im „Alphabetischen Register rheinhessischer Städte und Gemeinden“ in dem Buch „Rheinhessen. Landschaft, Wein und Kultur“, teilt die Gemeinde Fürfeld den Vorzug, ihr Gründungsjahr zu kennen, nur noch mit Schornsheim und Mainz.
Der Ur-Ur-Urenkel Karls des Großen
König Zwentibold stellte am 13. Juni des Jahres 897, übrigens ein Montag, in Herlisheim für das bei Trier gelegene Reichskloster St.Maximin eine Schenkungsurkunde aus. In dieser wird Fürfeld erstmals erwähnt.
Diese Urkunde ist im Original erhalten und wird in der Nationalbibliothek zu Paris aufbewahrt.
König Zwentibold, Ur-Ur-Urenkel Karls des Großen, eilte der Ruf voraus, keinem Streit aus dem Weg zu gehen. Zeitgenossen haben ihn dreist, boshaft und gewalttätig genannt und es wird berichtet, einmal habe er im Verlauf einer Meinungsverschiedenheit seinen Kanzler, immerhin Erzbischof Ratbod von Trier, mit einem Knüppel verprügelt.
Die Rechte aus der Urkunde wurden bestätigt:
- am 1. Januar 912 in Metz von Karl III. von Westfranken, genannt der Einfältige
- am 30. November 1023 in Mainz vom Kaiser und deutschen König Heinrich II.
- am 11. Januar 1026 in Trier von Konrad II. dem ersten Salier auf dem deutschen Thron
Von 960 an werden die Emichonen als Vizegrafen der Salier im Nahegau angetroffen. Die Emichonen waren Vögte von St.Maximin für dessen Fernbesitz in der Diözese Mainz, also einschließlich der Besitzungen an der Nahe mit Münsterappel-Fürfeld. Die Emichonen sind die Vorfahren der Rauhgrafen.
St.Maximin hat seine lehnsherrlichen Ansprüche noch Jahrhunderte lang aufrechterhalten, seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts allerdings ohne Erfolg. Von da an betrachteten sich die Fürfelder Ortsherren, gleich ob evangelisch oder katholisch, nicht mehr als Vasallen von St. Maximin.
Das Dorf Fürfeld selbst, war zu keiner Zeit weder an die Rauhgrafen verlehnt, noch in deren „Besitz“. Bei dem rauhgräflichen Besitz in Fürfeld dürfte es sich lediglich um einen Hof gehandelt haben, den ein gewisser Bauer Schrot innegehabt hatte. Der Besitz der Rauhgrafen in Fürfeld war also von eher bescheidenem Umfang.
Damit gaben sich die Rauhgrafen aber nicht zufrieden. Nach der Auflösung des Templerordens 1312 durch Papst Clemens V. auf dem Konzil von Vienne schrieb sich Rauhgraf Heinrich III. in einem Besitzverzeichnis von 1325, das im Original vorliegt, „alles das Gut, das wir zu Uben (Iben) haben“ als Eigentum zu.
Am 22.Januar 1362 verkauft Rauhgraf Ruprecht IV. „Uben und was wir da hatten, Gottesgabe, Haus, Wiesen, Weingarten, Acker, Wald, Zinsen, Gült, Wasser und Wege“ für 500 Pfund an Herrn Emerich Rost von Waldeck.
Iben war zwar von Trier lehnsrührig; Verpfändungen und sogar Verkäufe von Lehen waren aber mit Einwilligung des Lehnsherren möglich und üblich. Dessen Interessen wurden davon nicht berührt, solange der jeweilige Inhaber aus dem Lehen leistete.
Bereits 1506 gab es auf der Ebene der Dorfgerichtsbarkeit aus germanisch-deutscher Tradition schon damals nicht nur so etwas wie Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive. Die dörflichen Gerichtsherren waren in ihrer Funktion nicht mit der Machtfülle von Minidiktatoren ausgestattet, vielmehr selbst durch die örtlichen Rechtsnormen verpflichtet und mussten bei Verletzungen derselben mit legalem Widerstand rechnen. Das Fürfelder Weistum von 1506 legt deutlich Zeugnis ab für ein gewisses Spannungsverhältnis zwischen Gerichtsherr und Gerichtsgemeinde.
Die damaligen Gerichtsherren waren:
- Junker Philipp Beuser von Ingelheim
- Junker Conrad von Waldeck, genannt von Üben
- Junker Johann Boßen
Im Sendweistum von 1519 wird das Amt des „ Heimburgen “ erwähnt, und das verdient besondere Aufmerksamkeit. Das Amt des Heimburgen, der kein herrschaftlicher Beamter, sondern Repräsentant der Gemeinde war, zeigt, dass die Dorfverfassung in Fürfeld starke genossenschaftliche Züge aufwies. Die Gemeinde, der ein Heimburge vorstand, nennt man „ Heimgerede “. Es ist sicher nicht überflüssig, auf dergleichen nicht-herrschaftliche Frühformen der politischen Organisation in Fürfeld ausdrücklich hinzuweisen, weil ein landläufiges Vorurteil besagt, die Deutschen hätten erst durch französisch-revolutionären bzw. angelsächsischen Nachhilfeunterricht die Demokratie zu buchstabieren gelernt.
Im April 1521 kam es auf dem Wormser Reichstag zur berühmtem Konfrontation zwischen Martin Luther und dem deutschen Kaiser Karl IV.
In Fürfeld wird man unter anderem den Wormser Vorgängen deshalb Beachtung geschenkt haben, weil ein Fürfelder Anlieger als Befürworter und Brieffreund Luthers bekannt war.
Die Familie von Cronberg, deren Stammburg nördlich von Frankfurt am Rande des Taunus liegt, taucht in Fürfeld nämlich nicht, wie man bisher glaubte, 1553 oder gar erst 1571, sondern bereits im Jahre 1521 auf. In diesem Jahr erwirbt ein „ Hartmann von Cronberg “ die Fürfelder Liegenschaften Wiegands von Dienheim. Weil im Mittelalter die Namen Hartmann/Hartmut nachweisbar durchaus willkürlich und abwechselnd gebraucht wurden und weil im Jahre 1521 kein anderer Cronberger Hartmut passenden Alters zur Verfügung steht, haben wir in dem Käufer niemand anderen zu sehen als Hartmut XII.(1488-1549), den „ Anhänger und Verfechter der lutherischen Reformation “.
Für die Annahme, dass Hartmut von Cronberg, dem Brieffreund Luthers und reformatorischen Publizisten, in Fürfeld die Glaubensspaltung zuzuschreiben sei, fehlt jeder Beweis. Berücksichtigt man, dass Hartmut seit 1521 Fürfelder Bürger war, ließ sich vielleicht in diese Richtung spekulieren. Doch hat das Patronatsrecht im 16. Jahrhundert nie in den Händen der Herren von Cronberg gelegen. Auch die Ansicht, Fürfeld sei per Verordnung lutherisch geworden ist historisch unzutreffend. Tatsächlich ist das bis heute nicht der Fall.
1553 starb Philipp Melchior Marschall von Waldeck als letzter im Mannesstamm. Sein Anwesen in Iben erwarb Hartmut von Cronberg, der Sohn des ersten Fürfelder Cronbergers und Lutherfreunds Hartmut, am 29.Juni 1571 für 3000 Taler und 2000 Gulden.
1577 in die Gerichtsherrschaft des Ortes eingetreten, deren noch fehlenden Teil sie 1701 von den Boos von Waldeck dazu erwarben, sind die Junker von Cronberg bis heute in den Feldern 1 und 2 des Fürfelder Ortswappens präsent. Im Juli 1704 war Johann Niclas von Cronberg als letzter seines Namens gestorben. Johann Ferdinand von Kerpen hatte nun im Dezember 1704 die Herrschaft in Fürfeld angetreten.
Iben war nun ein heimgefallenes Lehen und wurde jetzt von St. Maximin an die Familie von Schmidtburg ausgegeben.
An dieser Stelle soll noch einmal deutlich werden, dass aus der Eigenschaft des Ortsherrn nicht etwa das Grundeigentum am ganzen Ort folgt. Der Herr von Kerpen, von 1732 bis 1788 war es Lothar Franz Christoph, verfügte also in Fürfeld in der Form privaten Grundbesitzes nur über etwas mehr als 20 Hektar. Das Eigentum an Grund und Boden verteilte sich auf ganze Reihe von Adelsfamilien, die ihre Güter in Erb- oder Zeitpacht ausgegeben hatten. Ein Lagerbuch aus dem Jahr 1750 verzeichnet als Fürfelder Anlieger folgende ritterschaftliche Familien:
- Boos v. Waldeck
- v. Schmidtburg
- v. Koppenstein
- v. Isselbach
- v. Carben
- v. Lohausen
- v. Buseck
- v. Schomburg-Degenfeld
Andere katasterartige Quellen des Darmstädter Staatsarchivs nennen für die jeweils angegeben Jahre noch weitere Namen.
- v. Gagern (1741)
- v. Hunolstein (1741)
- v. Buttlar (1722)
- v. Wallbrunn (1757)
- v. Sturmfeder (1763)
- v. Esch zu Langwiesen (1790)
- v. Lehrbach (1722)
- v. Ketschau (1722)
- v. Murach (1781)
- v. Dhern (1718)
1788 bekam Fürfeld, zum letzten Mal, einen neuen Ortsherren. Die Nachfolge des am 28. Dezember verstorbenen Lothar Franz Christoph trat dessen Sohn Anselm Franz Georg von Kerpen an.
„ Der erste Ansturm des von Custine geführten Revolutionsheeres warf 1792 die ganze Kleinstaaterei Südwestdeutschlands über den Haufen“ und leitete die „Vernichtung der kleinen, eines staatlichen Lebens unfähigen Gewalten“ ein.
Abgesehen von der schon faschistoiden Ausdrucksweise, sind diese Sätze deshalb bemerkenswert, weil der renommierte Verfassungshistoriker Fritz Hartung (1883-1967), völlig zu übersehen scheint, dass die meisten „der kleinen, eines staatlichen Lebens unfähigen Gewalten“, z.B. also unser Fürfeld, zum Zeitpunkt ihrer „Vernichtung“ seit mehreren Jahrhunderten existierten, eine Lebensdauer, die seitdem von staatlichen Gestaltungen auf deutschem Boden bekanntlich nicht wieder erreicht wurde. Selbst der merkwürdige Politik-Theoretiker und maßgebliche Ideologie-Lieferant der Revolution J.J. Rousseau (1712-1778) hatte in einem lichteren Moment (1761) geschrieben, dass dem deutschen Gemeinwesen kein anderes an Weisheit gleichkomme.
Der Frieden von Campo Formio (17.Oktober 1797) bedeutete für den Freiherren v. Kerpen das Signal zum Rückzug aus seinen linksrheinischen Besitzungen. Die letzte Amtshandlung der v. Kerpens in Fürfeld betraf die Einstellung des Lehrers Johannes Wild an der lutherischen Schule, der 1797 in dieser Funktion die Nachfolge seines Schwiegervaters Johannes Mandeler (Lehrer 1765 – 1797) antrat.
Die erste Besetzung der französischen Revolutionstruppen traf Kreuznach und Umgebung 1792.
Im September 1789 schritten die Franzosen zur Beseitigung ihrer historischen Provinzen und man teilte Frankreich in 83 etwa gleich große „Departements“ ein. 1798 wurden die eroberten Gebiete am Rhein in dieses Verwaltungssystem einbezogen. Die „Mairie“ Fürfeld lag künftig im Kanton Wöllstein, dieser im Arrondissement Mainz des Departements Mont-Tonnerre (Donnersberg).
Nach der französischen Revolution gehörte Fürfeld zum Großherzogtum Hessen Darmstadt bzw. zum Großherzog von Hessen und bei Rhein mit Grenzlage zu Preußen (Kreuznach) und Bayern (bayr. Pfalz).
Seit dem Rückzug der französischen Besatzung hatten die Alliierten die abermals befreiten linkrheinischen Lande in Generalgouvernements eingeteilt, deren Zentralverwaltung Heinrich von und zum Stein (1757-1831) vorstand. Generalgouverneur des für Rheinhessen zuständigen Gouvernements Mittelrhein war Karl Justus Gruner (1777-1820), ein Spezialist für Polizeiorganisation, mit Sitz zunächst in Trier, dann in Koblenz. Diese Form der Übergangsverwaltung hatte Bestand bis 1814. Danach übernahm die Verwaltung des ehemaligen Departements Donnersberg eine österreichisch-bayrische „Landesadministration-Commision“ mit Sitz in Kreuznach, seit dessen Überlassung an Preußen in Worms. Rechtsnachfolger dieser zweiten Übergangsverwaltung wurde am 15. Juli 1816 das Großherzogtum Hessen, dass aus seinem Anteil die Provinz Rheinhessen bildete.
Dort gehörte Fürfeld von 1816 bis 1848 zum Kreis Bingen, infolge revolutionsbedingter Turbulenzen der Verwaltungsorganisation 1848/50 zum Regierungsbezirk Mainz, zum Regierungsbezirk Worms 1850/52. Seit 1852 (bis 1918) zum Kreis Alzey.
Für die ehemals reichsritterschaftlich selbstständige politische Einheit Fürfeld markiert die Annexion des linken Rheinufers an das revolutionäre Frankreich durch die Übertragung des französischen Verwaltungssystems auf das Rheinland den Beginn derjenigen Phase seiner Geschichte, in der es sich noch immer befindet: Am staatsrechtlichen Status Fürfelds als einer kommunalen Gebietskörperschaft neben anderen hat sich seitdem nichts mehr geändert.